vier Pillen beim Sport treiben

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Kernaussagen und Literatur

  • Kinder, die viele verschiedene Sportarten machen, sind später oft erfolgreicher als die, die sich früh auf eine Sportart festlegen.
  • Freies, spielerisches Bewegen (z. B. draußen toben, bolzen, klettern) ist wichtig für die sportliche Entwicklung.
  • Zu frühes und zu intensives Training in einer Sportart kann sogar schädlich sein.
  • Erfolgreiche Sportler haben als Kinder meist aus Freude an Bewegung trainiert, nicht wegen Leistungsdruck.
  • Trainer und Eltern sollten Kinder unterstützen, sich vielseitig zu bewegen und Spaß am Sport zu haben – der Erfolg kommt dann oft von selbst.

Güllich 2023 (genauer)
DOI und Link

Schon seit Langem wird darüber diskutiert, wie man sportliche Talente am besten entwickelt. Während die einen dafür plädieren, dass man Kinder möglichst früh in einer bestimmten Sportart trainieren sollte, um später Spitzenleistungen zu erzielen, betonen andere die Bedeutung von Vielseitigkeit und spielerischer Bewegung. Mittlerweile ist die Forschung deutlich: Wer als Kind verschiedene Sportarten ausprobiert und sich vielseitig bewegt, hat später oft bessere Chancen im Spitzensport.

Die gängige Vorstellung, dass ein erfolgreicher Sportler möglichst früh spezialisiert und viele Stunden im spezifischen Training verbracht haben muss, wird durch aktuelle Studien klar widerlegt. Tatsächlich zeigen Untersuchungen, dass spätere Weltklasseathleten in ihrer Kindheit und Jugend eher breit aufgestellt waren. Sie haben viele unterschiedliche Sportarten ausgeübt, sich spielerisch bewegt und waren erst spät auf eine Sportart festgelegt. Wie Güllich es treffend formuliert: „Hochleistungssportler haben sich im Kindesalter in größerem Maße mit einer breiten Palette sportlicher Aktivitäten beschäftigt und weniger früh spezialisiert“ (Güllich, 2023, S. 5).

Dieser Befund stellt viele herkömmliche Nachwuchsprogramme in Frage, die auf frühes, intensives Training setzen. Denn genau dieses frühe, spezifische Training kann auf lange Sicht mehr schaden als nützen. So zeigt eine Studie, dass mehr Training in der Hauptsportart im Kindesalter bei Olympiateilnehmern sogar mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit verbunden war, eine Medaille zu gewinnen (Güllich, 2023, S. 17). Das bedeutet: Wer zu früh zu viel trainiert, hat nicht automatisch einen Vorteil – im Gegenteil.

Ein weiterer zentraler Punkt ist die Rolle des freien Spiels. Kinder, die sich viel und selbstbestimmt bewegen – etwa beim Kicken auf dem Bolzplatz, Toben im Wald oder Fahrradfahren mit Freunden – entwickeln nicht nur ihre motorischen Fähigkeiten, sondern auch Kreativität, Selbstvertrauen und Freude an Bewegung. Dieses sogenannte „Deliberate Play“ ist ein entscheidender Baustein für die langfristige sportliche Entwicklung. Erfolgreiche Athleten berichten häufig, dass sie in ihrer Kindheit viele solcher ungezwungener Bewegungserfahrungen gemacht haben – weit mehr als weniger erfolgreiche Sportler.

Gerade diese spielerischen Erfahrungen fördern die emotionale Bindung zum Sport. Sie sorgen dafür, dass Kinder nicht aus Zwang, sondern aus echter Begeisterung dabeibleiben. Eine Entwicklung, die von innen heraus getragen wird, ist nachhaltig – während früher Leistungsdruck oft zu Frust, Überlastung oder gar einem frühen Ausstieg führt. Oder wie Güllich es zusammenfasst: „Der langfristige Erfolg erwächst nicht aus frühem Leistungsdruck, sondern aus wachsender Motivation, Kompetenz und Freude am Sport“ (Güllich, 2023, S. 22).

Was bedeutet das nun für die Praxis? Die Empfehlungen sind deutlich: Kinder sollten sich sportlich möglichst vielseitig betätigen – mindestens bis ins Jugendalter. Spezialisierung sollte spät erfolgen, wenn überhaupt. Das freie Spiel, ohne Anleitung oder Druck von außen, sollte gezielt gefördert werden. Es ist nicht nur ein „nice to have“, sondern ein zentraler Bestandteil gesunder sportlicher Entwicklung.

Auch die Erwachsenen spielen eine wichtige Rolle. Eltern und Trainerinnen oder Trainer sollten verstehen, dass sportliche Höchstleistungen nicht durch frühes Fördern und Fordern entstehen, sondern durch Geduld, Begeisterung und eine offene Haltung gegenüber den individuellen Wegen eines jeden Kindes. Es geht nicht darum, das nächste Talent zu „machen“, sondern Kinder darin zu unterstützen, ihre Potenziale in ihrem Tempo zu entfalten.

Am Ende bleibt eine klare Botschaft: Wer Kindern die Zeit und den Raum gibt, spielerisch zu wachsen, legt den besten Grundstein – für sportlichen Erfolg, aber vor allem auch für ein lebenslang positives Verhältnis zu Bewegung.